Haushaltsrede 2024 in der Rellinger GV

  • Wie in den vergangenen Jahren nehmen wir uns die Freiheit, in der Haushaltsrede (kurz HH-Rede) neben dem Zahlenwerk für 2024 und den dahinterstehenden Vorhaben auch eine Rückschau über das ablaufende Jahr vorzunehmen.
  • Unsere Fraktion hat dieses Jahr bereits in der Finanzausschusssitzung für den HH gestimmt. Fast alle Vorhaben wurden gemeinsam getragen und die Einzelhaushalte in den Ausschüssen einstimmig befürwortet.
  • Das gilt nicht für die 7 Millionen €, die Rellingen für die Umsetzung des B-Plans 70 ausgibt. Unsere Ablehnung des B-Plans 70 hat sich nicht geändert. Unsere Argumentation auch nicht. Diese habe ich letztes Jahr dargelegt und will sie nicht wiederholen.
  • Da der HH, so wie er dem Finanzausschuss vorlag, nicht genehmigungsfähig erschien – Frau Fröhlich hat es plausibel dargelegt – haben alle Fraktionen zugestimmt, die Hebesätze, Vergnügungs- und Hundesteuer wie dargelegt anzuheben. Wir haben uns vorgenommen, die der reinen Lehre nach voranzugehende Ausgabenüberprüfung mit allen Fraktionen gemeinsam in einer AG zu besprechen. Diese heikle Mission war in der kurzen Zeit nicht vorher und in der gebotenen Sorgfalt möglich.
  • Trotz der für die Hauseigentümer:innen schmerzlichen Anhebung der Grundsteuer B von 250 auf 310% rechnen wir planerisch mit dem hohen Defizit im Ergebnis-HH von 3,8 Mio €. Wir haben allerdings die Hoffnung, dass wir, wie in den vergangenen Jahren, doch höhere Steuereinnahmen als nach der vorsichtigen Schätzung, die dem Plan zugrunde liegt, verzeichnen können und noch zu einem Ausgleich von Erträgen und Aufwendungen kommen werden. Die Hoffnung stützt sich auf einige Jahre Erfahrung, ist aber dennoch reine Spekulation.
  • Wir, und damit meine ich hier alle Fraktionen und die Verwaltung, haben zugunsten aller Bürger:innen der Gemeinde eine Menge geplant und auch schon verwirklicht. Für die Kleinen und ihren Eltern haben die Johanniter die Kita am Lohacker fertiggestellt und in Betrieb genommen. Sie wartet nur noch auf ihren Namen und auf die sukzessive Auffüllung aller Gruppen. Sie zeichnet sich durch großzügige Außenflächen und viel Bewegungsraum in der Kita aus.
  • Die Kinder und Jugendlichen im Schulalter profitieren gleich mehrfach: Der CVS verschaffen wir mit dem Oberstufentrakt und dem Förderzentrum einen weiteren Ausbau zur Erfüllung der Anforderungen aus der letzten Oberstufenreform. Wir investieren mit dem vorliegenden HH nochmals 5,7 Mio € und wollen damit in 24 den Bau fertigstellen.
  • Im B-Plan 72 sind die Planungen für die neue Erich-Kästner-Schule in der Endphase. Sie wird reichlich Raum für die Nachmittagsbetreuung und den Schülern Essen in ihrer Mensa bieten. Die Aula wird erweiterbar für größere Veranstaltungen zur Verfügung stehen und die Bibliothek Krupunder kann endlich eine neue feste Heimat finden. Sie ist schließlich für alle Generationen da und soll auch als „3. Ort“, also Treffpunkt, nutzbar werden.
  • Die zweimal als 50-60 Quadratmetern geplanten Räume sind nun noch etwas knapper als geplant bemessen. Das bedauern wir sehr und konnten uns mit den Krupunder Bürger:innen nicht gegen die Mehrheitsfraktion durchsetzen und großzügiger planen. Immerhin werden die Gruppenräume jetzt so angeordnet, dass sich Bibliotheksbetrieb und Treffpunkt weniger gegenseitig stören. Auch bei den Kriterien zur Verfügungstellung der Räume in beiden Bibliotheken hat die CDU ihre altbekannte restriktive Haltung durchgesetzt. Leider! Streng genommen wird die Nutzung für Bürger:innen außerhalb von Bildungseinrichtungen, wie z.b. Familienbildungstätte, kaum ermöglicht.
  • Zur neuen Erich-Kästner-Schule werden wir eine Dreifeldsporthalle erstellen. Auch sie wird das Sportangebot für alle Altersstufen enorm verbessern. Die Mehrheitsfraktion hat allerdings die integrierte Mehrzweckhalle, besonders geeignet für die Kampfsportler und den Gesundheitssport, gestrichen, obwohl alle anderen Fraktionen dafür waren. Schade für den RTV, der sich da große Hoffnungen gemacht hatte.
  • Die Gesamtinvestitionen für Schule und Sporthalle bewegen sich auf die 30 Millionen € zu und stellen eine enorme Herausforderung für uns dar.
  • Weiter in der Positivliste. Unser Bikepark wird seit dem Frühjahr von Jung und Alt reichlich genutzt. Wir sind nun dabei rundherum das Angebot zu verbessern durch Wasserspender, Sonnensegel und schattenspendende Bäume. Aber auch eine Bewirtung prüfen wir und den Zugang zu Toiletten. Und das alles unter der Beteiligung unseres neugewählten Kinder- und Jugendbeirat.
  • In dieser Positivliste darf der nun voll ausgebaute Betrieb in der Begegnungsstätte und Seniorenberatung am Rosenkamp nicht fehlen. Das erweiterte Angebot wird offenbar gut genutzt und das ganze Quartier bewohnt.
  • Die Verwaltung unterrichtet uns regelmäßig über den Zuzug von Flüchtlingen. Die Herausforderungen für die Verwaltung und alle ehrenamtlichen Helfer sind enorm. Ich wiederhole unsere Haltung zur raschen Umsetzung des bereits gefassten Beschlusses,in der Tangstedter Straßedie nicht zweckmäßige Unterkunft abzureißen und einen Neubau nach dem Vorbild der Unterkünfte im Stawedder, der von den Bewohnern gut akzeptiert wird, zu errichten. Die Bedenken, dass dann die jetzigen Bewohner zwischenzeitlich woanders untergebracht werden müssten, sind zu beachten. Die Containeranlage im Ahornweg kann Teil dieser Zwischenlösung sein, so lange wie die Kapazität nicht durch neue Flüchtlinge bereits wieder verbraucht wird. Nur eins ist doch klar, bei nicht abreißendem Zustrom wird die Situation doch immer prekärer. Je eher wir daran gehen, desto leichter fällt die Zwischenlösung und desto eher gibt es dauerhafte Abhilfe!
  • Verkehr bzw. Mobilität ist seit Jahren ein sehr kontrovers diskutiertes Thema in unserer Gemeinde. Alle, ob Verwaltung, Politik und Bürger*innen, klagen über Belastungen durch den zunehmenden Verkehr. Alle wollen weniger Staus und Lärm. Alle wollen sicher, zügig und komfortabel vorankommen, ob zu Fuß, mit dem Rad, den Öffentlichen Verkehrsmitteln oder mit dem Auto.
  • Rellingen fehlt es weiterhin an ausreichenden und barrierefreien Fuß- und guten Fahrradwegen.
  • Neue Bau- und Gewerbegebiete (B-Plan 70) in Rellingen werden noch mehr Durchgangsverkehr nach sich ziehen.
  • Diverse Gutachten empfehlen die Erstellung eines Mobilitätskonzeptes. Wir verweisen da auf das OEK und den aktuellen Bericht zum Klimaschutz.
  • Mittlerweile pocht auch die Kreisverkehrsbehörde darauf, dass Einzelmaßnahmen in ein Verkehrskonzept eingebettet sein sollten.
  • Ein Mobilitätskonzept bietet die Chance für eine zielgerichtete, nachhaltige und klimafreundliche Gestaltung und Steuerung von Mobilität.
  • Doch leider treten CDU und FDP bei diesem Thema auf die Bremse. Es wird u.a. argumentiert, dass vor der Erweiterung der A23 ein Mobilitätskonzept keinen Sinn mache.
  • Da haben wir erhebliche Zweifel, denn ohne ein Mobilitätskonzept, erstellt von einem Fachplanungsbüro, sind wir den Vorhaben der DEGES ausgeliefert und können die Interessen, insbesondere der schwächeren Verkehrsteilnehmenden, nicht wirkungsvoll vertreten.
  • Und solange politische Mehrheiten für die Erstellung eines Konzeptes nicht möglich sind, müssen wir in Rellingen leider damit leben, dass nur über Einzelmaßnahmen stückchenweise Verbesserungen hergestellt werden können.
  • Aber auch bei Einzelmaßnahmen wird immer wieder deutlich, dass die CDU-Fraktion insbesondere in den Bereichen Fuß- und Radverkehr wenig motiviert scheint, nachhaltige Maßnahmen umzusetzen.
  • Bei der Optimierung der wichtigen Radwegeverbindung zwischen Pi-HH vermissen wir bei der CDU-Fraktion das klare Bekenntnis zu einer konsequenten Optimierung des Radweges über die ganze Strecke. Stattdessen werden Vorschläge des Planungsbüros, die für mehr Sichtbarkeit und Sicherheit an den Kreuzungen, insbesondere im Umfeld der CVS, sorgen würden, seitens der CDU-Fraktion abgelehnt.
  • Eine paar Beispiele von Einzelmaßnahmen, die umgesetzt werden konnten:
  • Tempo 30 im Hermann-Löns-Weg
  • geschwindigkeitsreduzierende Maßnahmen wie Pflanzkübel, Poller, Geschwindigkeitsdisplays
  • Einseitiger Schutzstreifen für Radfahrende im Halstenbeker Weg
  • Gehwegherstellung an der Tangstedter Straße Richtung Umwelthaus e.V.
  • barrierefreier Ausbau der Bushaltestelle am Rosenkamp
  • Wir müssen wegkommen von den fossilen Energieträgern. Dazu zwingt uns die Klimakrise. Diesem Ziel sind wir im ablaufenden Jahr ein kleines Stückchen nähergekommen:
  • Die Potenzialanalyse für die Bereitstellung von Abwärme aus dem Rechenzentrum bescheinigt uns, dass die Wärmemenge den Bedarf der Erich-Kästner-Schule und der Sporthalle im Regelfall wird decken können. Darüber hinaus wird vorgeschlagen, zusätzlich noch ein Gebiet mit wenigen aber größeren Abnehmern mit Wärme zu versorgen. Zur Enttäuschung mancher Wohnhausbesitzer:innen trifft das am ehesten auf das nächstgelegene Gewerbegebiet Siemensstraße zu. Für Einzelhäuser in offener Bauweise aber eben eher weniger. Das haben wir inzwischen auch von den Herren der SH-Netz AG gelernt. Dennoch: Der nächste Schritt einer Machbarkeitsstudie kann jetzt getan werden.
  • Inzwischen liegt auch der Endbericht „Einstiegs- und Orientierungsberatung Klimaschutz“ für Rellingen vor. Der Klimabeirat hat gute Arbeit mit dem engagierten Berater Herrn Gerbitz von der ZEBAU gemacht. Sie haben einen Maßnahmenkatalog mit Big Points, Quick Wins und Maßnahmensteckbriefe uns zur Aufgabe gestellt. Den ersten Quick Win hat unser Team der Jugendpflege bereits durch die Beantragung von Lastenrädern für ihre und des Hausmeisters Arbeit getan. Und die Politik das auch in den HH aufgenommen.
  • Das sollte doch Aufbruchstimmung beflügeln.
  • Zur personellen Ausstattung unserer Verwaltung, um die Wärmeplanung und die weiteren Schritte zur Aufstellung und Umsetzung eines Klimakonzeptes umzusetzen, gehe ich im nächsten Tagesordnungspunkt „Stellenplan“ genauer ein.
  • An dieser Stelle will ich kurz auf die CDU Hauswurfsendung „Zur Sache“ und dort im Speziellen auf den Beitrag von meinem Kollegen Rolf-Rüdiger Schmidt zur Klimapolitik eingehen. Sie schreiben: „Es ist also völlig sinnlos, hier bei uns durch drastische Energieeinschränkungen etwas zu erreichen.“ Ich will auf die ökonomisch fragwürdige Herleitung und die falsche Unterstellung, die Regierung wolle Energie im Allgemeinen einschränken, gar nicht groß eingehen. Sie werden die momentane Berichterstattung von der Welt-Klimakonferenz, der COP28, selbst verfolgen. Es geht nur um fossile Energien!
  • Auf der Klimakonferenz stehen die reichen Industrieländer besonders im Fokus. Denn wir haben seit über 150 Jahren den CO2-Anstieg in der Atmosphäre im Wesentlichen bewirkt. Wenn wir nicht mit positivem Beispiel vorangehen und sogar Gelder bereitstellen, so dass die hauptbetroffenen Nationen im Süden ebenso Maßnahmen gegen den Klimawandel ergreifen können, wird es eng mit der Erreichung des 1,5 Grad-Zieles. St. Florian lässt bei ihrer Argumentation grüßen, Herr Schmidt.
  • Aber woher soll das Geld kommen? Wir haben gesehen, unser normaler HH wird die riesigen Investitionen nicht hergeben. Die Kommunalaufsicht sitzt uns im Nacken, die Innenministerin dem Kreis, die Schuldenbremse dem Land und dem Bund. Schon in der Vergangenheit war es so, dass zumindest der Bund über die Länder Transformations-Investitionen den kommunalen HH über Förderungen oder Kreditfonds zur Verfügung gestellt hat. Die GAK1-Mittel, die unserem OEK zugrunde liegen, wie auch die Finanzierung der gerade erwähnten Fokus Beratung sind Beispiele dafür. Im größeren Maßstab sei der Stein- und Braun-Kohleausstieg erwähnt. Als weiterer finanzieller Steuerer ist die Europäische Union maßgeblich geworden. Für wahr, dass hat nur sehr mittelbar mit unserem HH zu tun. Es zeigt aber: Weder mit dem Finger-Zeigen auf Andere noch mit dem starren Festhalten an Dogmen und dem Anrufen der Gerichte werden wir die Klimakrise lösen! So etwas wie einen Klima-Transformations-Fonds – ob auf europäischer oder nationaler Ebene – werden wir benötigen.
  • Auch dieses Jahr gilt zum Abschluss unser besonderer Dank an die sehr gute und verlässliche Leistung der Verwaltung, inklusive ihrer Spitze, dem Bürgermeister.

1 Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (Rechtliche Grundlage der GAK ist Artikel 91a des Grundgesetzes)

Bildquelle: eigenes Foto

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